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C H A N I A

Die mit ca. 70.000 Einwohnern zweitgrösste Stadt Kretas ist die Hauptstadt (Dimos) der gleichnamigen Präfektur (Nomos) Chania, die mit ca. 150.000 Einwohnern den westlichen Teil Kretas umfasst und sich mit einer Gesamtfläche von 2.376 km² über fünf Provinzen (Kydonia, Apokoronas, Sfakia, Selino, Kissamos) erstreckt.

Seit 1991 sind diese 5 Provinzen Chanias in 23 Bezirke und 2 Gemeinden unterteilt, die im nördlichen Teil mit vielen einladenden Badestränden vom Kretischen Golf und im Süden vom glasklaren Lybischen Meer umspült werden. Im Osten grenzt der Bezirk an die Präfektur von Rethymno.

 

Die drei charakteristischen Halbinseln (Gramvoussa, Rodopou, Akrotiri) der Nordküste bilden die Buchten von Kissamos, Chania und Souda. Letztere ist mit der kleinen vorgelagerten Insel Agios Nikolaos, auf der die venezianische Festung von Souda thront, der grösste Naturhafen des Mittelmeeres.

 

Fast ein Drittel der Präfektur Chania nimmt das Gebirgsmassiv der Weissen Berge (Lefka Ori) ein, dass sich im Süden der Stadt Chania erhebt und mit dem 2.452 m hohen Pachnes das zweithöchste Gebirge Kretas ist. Die Weissen Berge, die ihren Namen entweder dem Schnee, der sie den ganzen Winter und oft bis in die Anfänge des Sommers hinein bedeckt oder dem weissgrauen Kalkstein verdanken, haben ausser dem Pachnes noch 57 weitere Gipfel, deren Höhe die 2000 Meter übersteigen. Diese 45 km lange Bergkette zeichnet sich neben ihren fruchtbaren Hochebenen auch durch sprudelnde Quellen, faszinierende Höhlen und wilde Schluchten aus.

 

Die berühmte 18 km lange Samaria-Schlucht (Farangi Samarias) ist die grösste in Europa und wurde aufgrund ihres Reichtums an Flora und Fauna 1962 zum Nationalpark erklärt. Sie ist von den Gipfeln des Gingolos (2.085 m), Volakias (2.116 m) und des Pachnes umgeben und führt vom Südrand der Omalos Hochebene (Xyloskala) mit einem Höhenunterschied von über 1000 Metern hinunter nach Agia Roumeli am Lybischen Golf.

In der Nähe des Schluchtausgangs beträgt die Breite an den senkrechten Felswänden der imposanten "Eisenportale" (Sideroportes) gerade mal nur 3 Meter. An dieser Stelle schwillt der kleine Bach Tarraios, der von Zuflüssen aus elf  weiteren kleinen Schluchten gespeist wird, im Winter zu einem reissenden Fluss an, so dass man die Schlucht dann nicht mehr durchqueren kann. Aber im Sommer von Anfang Mai bis Ende Oktober ist die Samaria-Schlucht immer eine Wanderung wert und nicht nur wegen ihrer seltenen Tier- und Pflanzenarten ein wahres Paradies für Naturfreunde.

 

Einen Ausflug wert ist auch das 15 km südlich von Chania entfernte Bergdorf Therisso mit einigen Tavernen. Die Fahrt dorthin führt über den Ort Mournies, Geburtsort des ersten Präsidenten Griechenlands, Eleftherios Venizelos (1864-1936), der 1913 die Vereinigung Kretas mit Griechenland vollzog. Von dort geht der Weg durch die eindrucksvolle 6 km lange Therisso-Schlucht, ein Gebiet voller Platanen, Olivenbäume und Johannisbrotbäume, die entlang des kleinen Therisso-Flusses, der die Strasse immer begleitet, zwischen steilen höhlenreichen Felswänden wachsen.

            

Westkreta und die Präfektur Chania .

   

Auf der Halbinsel Akrotiri im Osten von Chania, 5 km vom Stadtzentrum entfernt, liegen oberhalb des Ortes Profitis Ilias die Gräber von Eleftherios Venizelos, der 1913 die Vereinigung Kretas mit Griechenland vollzog, und seinem Sohn Sophokles in einem sehr schön angelegten Park mit herrlichem Blick auf die Stadt und die Bucht von Chania.

    

Neben der Technischen Universität von Kreta (TUC) und dem Flughafen Daskalogiannis auf der Hochebene im Zentrum der Halbinsel gibt es auf Akrotiri mehrere Dörfer, kleine Badebuchten mit Sandstränden, aussergewöhnlich schöne Höhlen und historische Klöster. So wie das Kloster Agia Triada (16 km von Chania entfernt) in einer herrlichen Landschaft aus Olivenhainen, das als Festung angelegte Kloster Gouverneto (5 km nördlich von Agia Triada) und das alte, seit über 300 Jahren verlassene Kloster Katholiko aus dem 6. Jahrhundert, das, in einer Schlucht gelegen, nur über einen gut ausgebauten Fussweg vom Kloster Gouverneto aus zu erreichen ist.

Auf halbem Weg dorthin liegt bei einer kleinen Kapelle eine Höhle mit weiter Öffnung, die bereits als minoische Kultstätte später auch von den Christen benutzte und der Gottesmutter Panagia Arkoudiotissa geweihte "Bärenhöhle". Dieser Name rührt von einem Stalagmiten im Höhleninneren her, der aussieht, wie ein Wasser trinkender Bär (Arkouda).

Eine weitere faszinierende Tropfsteinhöhle mit wunderschönen Stalagmiten und Stalaktiten, in deren Ende nach ca. 250 Metern ein dem Eremiten Johannes geweihter Altar steht, befindet sich am unteren Absatz der Felsentreppe kurz vor dem Kloster.

Ein freistehendes Portal geleitet den Besucher zu der in den Fels gehauenen Klosterkirche auf einer lang gestreckten Terrasse. Ebenso beeindruckend ist auch ein architektonisches Glanzstück, eine gewagte Brückenkonstruktion aus Stein, die sich als Teil der Klostergebäude hoch zur gegenüberliegenden Schluchtseite spannt. Die Aussicht und die Landschaft sind überwältigend und durch die wildromantische Schlucht kann man in einer knappen Stunde bis zum Meer hinunterwandern.

   

Der Badeort Stavros im Norden Akrotiris hat einen sehr flachen und feinsandigen Strand an einer zum Meer hin fast kreisrunden, abgeschlossenen Bucht. Der Regisseur Michael Cacoyannis liess dort für den Film "Alexis Zorbas", den er nach der Romanvorlage des kretischen Dichters Nikos Kazantzakis drehte, an einem Berghang die Seilbahn aufbauen, die dann beim Transport von Baumstämmen im Film so grandios zusammenbricht. In der Schlussszene des Klassikers von 1964 tanzen Anthony Quinn und Alan Bates nach der Musik von Mikis Theodorakis den extra für sie geschriebenen Sirtaki.

     

Gegenüber der Halbinsel Akrotiri liegt südöstlich der Bucht von Souda auf einer Anhöhe mit faszinierender Aussicht die antike Stadt Aptera, 15 km von Chania entfernt. Sie existierte bereits ab der minoischen Zeit, doch die auf dem Hügel, dem wichtigsten Teil der Stadt, entdeckten Funde stammen aus hellenistischer und der späteren römischen Zeit, insbesondere ein Theater und die grossartige dreischiffige Zisternenanlage mit Kuppeldach. In den letzten Jahren wurden auch die Ruinen von mehreren römischen Badehäusern und die Fundamente einer römischen Villa restauriert. Ein dorischer Tempel und mehrere Gräber wurden in der Nähe des Theaters entdeckt, wo sich auch der Boden einer frühchristliche Kirche und das später erbaute Kloster Agios Ioannis befindet. Die ganze Stadt wurde im Altertum durch eine 4 km lange Mauer geschützt, aber ein Erdbeben im 7. Jahrhundert und Angriffe der arabischen Sarazenen im Jahr 823 zerstörten Aptera schliesslich fast vollständig. Eine Vielzahl von grösseren tragbaren Funden, wie beispielsweise Statuen, Gefässe, Inschriftentafeln und 76 verschiedene Münzenarten, die heute im archäologischen Museum von Chania (Archaiologiko Mouseio) ausgestellt sind, deuten darauf hin, dass Aptera eine grosse Handels- und Seemacht gewesen war.

Aus der türkischen Besatzungszeit befindet sich nordöstlich von Aptera eine 1872 vollendete Burg , die auf der Anhöhe hoch über der venezianischen Izzedin-Festung an der Einfahrt zur Souda-Bucht bei Kalami thront. Diese hat seit der Eroberung durch die Osmanen 1645 ihren türkischen Namen beibehalten. Nach dem Abzug der Türken von Kreta wurde die Festung als Gefängnis verwendet und ist wie auch die obere Burg heute noch in sehr gutem Zustand erhalten.

 

Von dort führt die Strasse vorbei an den gemütlichen Küstenorten Kalives und Almyrida in die Region von Apokoronas, die sich zum grössten Teil als flache Ebene bis zum Ferienort Georgioupoli, im Osten der Präfektur, erstreckt. Im Norden Apokoronas liegt das hügelige, jedoch sehr fruchtbare Kap Drapanos mit dem schönen Dorf Kokkino Chorio, in dem auch einige Szenen aus "Alexis Zorbas" gedreht wurden.

Über eine schöne mit grossen Eukalyptus-Bäumen gesäumte Allee erreicht man das 43 km von Chania entfernte ehemalige Fischerdorf Georgioupoli, an dessen kilometerlangen, breiten Sandstränden sich in Richtung Rethymno viele neue luxuriöse Hotelanlagen befinden.

 

Im Hinterland, 4 km südlich von Georgioupoli liegt neben dem gleichnamigen Dorf der Kournas-See, der der einzige See auf Kreta ist. In den Sommermonaten kann man in dem mit 3,5 km Umfang recht grossen See auch baden und Tretboot fahren, aber die wahrscheinlich schönste Zeit für einen Besuch ist im Winter und Frühjahr, wenn man diese zauberhafte Gegend in absoluter Ruhe geniessen kann und sich die verschneiten weissen Berge im kristallklaren Wasser des Sees widerspiegeln.

 

Westkreta gehört mit seinen idyllischen Dörfern, in denen die Zeit fast stehen geblieben zu sein scheint, und seiner üppigen Vegetation mit Olivenhainen und Orangenplantagen zu den landschaftlich schönsten Gegenden der Insel. Dazu tragen an der Westküste auch die romantischen Buchten von Balos mit der vorgelagerten Festungsinsel Gramvoussa und die feinen Sandstände von Falassarna und Elafonissi im Südwesten bei. Dort und in der Region um Kissamos im Nordwesten wimmelt es auch nur so von natürlichen und kulturellen Sehenswürdigkeiten: die traditionellen Dörfer von Inachorio, die beiden Halbinseln Rodopou und Gramvoussa, die einmaligen archäologischen Stätten in Polyrinnia, Diktyna und Falassarna, orthodoxe Klöster und Kirchen, kleine Schluchten und natürlich die herrlichen Strände.

 

Im Südwesten der Stadt Chania liegt das zauberhafte Tal von Kandanos, eine Region voller byzantinischer Kirchen und historischer Erinnerungen, ferner das Feriendorf Palaiochora mit seinem venezianischen Kastell an der Südküste und den zahlreichen archäologischen Ausgrabungen, sowie bedeutende Städte des antiken Kretas wie beispielsweise Lissos, Syia, Elyros und Yrtakina. Den südlichen Teil Kretas kennzeichnen auch die grösste Anzahl von Sonnentagen in ganz Europa.

 

Die aus dem 14. Jahrhundert stammende viereckige venezianische Festung Frangokastello, die dem gleichnamigen Badeort an der Südküste seinen Namen gab, liegt 85 km von Chania entfernt in der Region Sfakia, die sich im Süden über das Gebiet der Weissen Berge erstreckt.

Das Küstendorf und den Hafen von Chora Sfakion, in dem Ausflugsboote und Fähren von Palaiochora, Agia Roumeli und Loutro anlegen, erreicht man von Chania aus nach 62 km über die Strasse von Vrysses in Apokoronas, die von Norden nach Süden die ganze Präfektur Chania durchquert.

 

Auf ihrem Weg kommt man an dem Bergdorf Askyfou und dem Einstieg zur 7 km langen Imbros-Schlucht vorbei, die neben der berühmten Samaria-Schlucht zu einer der schönsten Schluchten Kretas zählt. Sie endet östlich von Chora Sfakion am Lybischen Meer, ihre steilen Seitenwände ragen bis zu 300 m in die Höhe und sie ist an einigen Stellen mit nur 2 m Breite extrem eng. Die Imbros-Schlucht beeindruckt nicht nur wegen ihrer geologischen Besonderheiten und den typischen Felsformationen, sondern auch durch ihre reiche Vegetation aus Koniferen, Büschen und Wildblumen.

Ebenso sehenswert sind die bewaldete Irini-Schlucht bei Agia Irini auf dem Weg zum Badeort Sougia, die Aradena-Schlucht in den Bergen oberhalb von Loutro, über die auch eine imposante Stahlbrücke führt, sowie die Asfendou- und die Kallikratiano-Schlucht in der Nähe bei Frangokastello.

       

   Der Venezianische Hafen von Chania 1920 .

    

Chania, die poetische Stadt Kretas, mit einem unvergleichlichen, natürlichen Charme und einem reichen Kulturerbe ist nicht nur für die gastfreundlichen Bewohner des Bezirks sondern auch für viele Gäste und Touristen aus aller Welt die schönste Stadt Griechenlands, nicht zuletzt wegen seines wunderschönen venezianischen Hafens.

 

Erbaut über den Ruinen des alten minoischen Kydonias, ist Chania den archäologischen Ausgrabungsdaten zufolge eine Stadt, die seit dem späten Neolithikum vor ca. 5.400 Jahren bis heute ununterbrochen besiedelt ist und damit zu den ältesten Siedlungsgebieten Europas zählt. In der Zeit um 1500 v.Chr. sind Handelsbeziehungen der minoischen Stadt mit Ägypten bezeugt.

Kydonia wird auch schon bei Homer erwähnt und die ersten Daten über die Existenz einer geometrischen Siedlung gehen auf das 8. Jahrhundert v.Chr. zurück. Das klassische Kydonia, dessen Gründung um 524 v.Chr. angenommen wird, erlebte wirtschaftliche Höhepunkte in der griechischen und römischen Epoche. Die Athener versuchten 429 v.Chr. während der Peleponnesischen Kriege vergeblich die Stadt einzunehmen. Im 3. Jahrhundert v.Chr. rivalisierte sich Kydonia mit den anderen Städten Westkretas, wie beispielsweise Falassarna, Elyros, Polyrrinia und Aptera, mit denen es oft im Krieg lag und kämpfte aber 220 v.Chr. im Krieg zwischen Knossos und Lyttos an der Seite von Knossos.

189 v.Chr. jedoch stellte es sich gegen Knossos und Gortys, doch ab 67 v.Chr., als auch die ganze Insel vom römischen Feldherrn Quintus Caecilius Metellus eingenommen wurde, erlebte Kydonia wieder eine grosse Blütezeit.

Während der arabischen Besetzung, die 826 n.Chr. mit der Eroberung Kretas durch die Sarazenen begann und bis zum Jahr 961 anhielt, muss Kydonia wohl wie die meisten Städte Kretas um das Jahr 827 zerstört worden sein.

    

Zeichnung des alten Castel Veccio und der neuen Venezianischen Befestigung des Militärarchitekten Francesco Basilicata 1630

   

Die byzantinischen Periode von 961 bis 1204 ist nur durch die alte Stadtmauer des Hügels von Kastelli am Hafen belegt, an deren Fundament Teile einer noch älteren hellenistischen Mauer gefunden wurden.

Der Niedergang von Kydonia vollzog sich dann zu Beginn des 13. Jahrhunderts, als vor allem in dieser Region Genua, Venedig und die einheimische Bevölkerung um die Vorherrschaft auf Kreta kämpften. 1204 fiel Kreta im Zuge des vierten Kreuzzuges an den lombardischen Markgraf Bonifatius von Montferrat, der gegen den anfänglich heftigen Widerstand der Einheimischen bis 1218 die ganze Insel einnahm.

Nach dem Sieg der Venezianer kolonisierten diese die Stadt und liessen sich auf dem bereits durch die byzantinische Stadtmauer befestigten Kastelli-Hügel nieder, den sie Castel Veccio nannten.  Die Mauer umgab den natürlich befestigten Felsen und war vor allem an der Nord- und an einem Teil der Ost- und Westseite verstärkt. Sie verfügte über kleine mehreckige Türme und vier Tore in alle Himmelsrichtungen, von denen heute kaum noch etwas erhalten ist. Auch die Mauer ist heute nur noch bruchstückhaft an einigen Stellen erhalten, da sie bei der Erweiterung der Stadt grösstenteils durch den Bau von Wohnhäusern verdeckt wurde. Hierbei errichteten die Venezianer unter anderem die grosse Hauptstrasse La Corsa, ein Aquädukt und mehrere Brunnen, die Kirche Santa Maria, das Wohnhaus des Rettore, sowie einige weitere herrschaftliche Gebäude des venezianischen Adels und auch die Bischofskirche Duomo, wobei man auf Überreste einer frühchristlichen Basilika aus den Jahren um 787 stiess.

   

Am Fuss des Hügels, ausserhalb der alten Festungsanlage entstand das Wohnviertel Vourgo, ein Stadtteil der später im 14. Jahrhundert mit neuen Mauern eingefriedet wurde. Unter dem Namen La Canea gründeten die Venezianer ab 1252 die Stadt neu und begannen auch mit dem Bau des Hafens. Die Hafenstadt wurde damit zur wichtigsten politischen und ökonomischen Verbindung zwischen Venedig und Kreta.
Die Venezianer verloren Chania alledings 1263 an ihre Erzfeinde, die Genueser. Nach der Rückeroberung 22 Jahre später begann Venedig die um den
Kastelli-Hügel herum erweiterte Stadt durch einen Mauerbau uneinnehmbar zu machen und gelegentliche Piratenüberfälle abzuwehren. Der Veroneser Architekt Michele Sanmicheli plante schliesslich 1536 eine neue Festungsmauer mit fünf Bastionen und einem breiten Graben, der die Stadt umgab. Die Befestigungsarbeiten dauerten bis 1590 und obwohl darüber hinaus auch die Verteidigung der Region mit den Festungen auf den Inseln Agii Theodori gegenüber der Küste von Platanias, Gramvoussa im Nordwesten und Agios Nikolaos in der Bucht von Souda verstärkt wurde, konnte Chania im 17. Jahrhundert der monatelangen Belagerung der Türken, der mehrere brutale Piratenüberfälle vorausgingen, nicht standhalten.

  
Nachdem die Festungen auf
Agii Theodori nach einem türkischen Angriff am 23. Juni 1645 fielen, wurde auch Chania am 22. August 1645 nach fünfzigtägiger Belagerung durch die osmanische Flotte und den Landstreitkräften schliesslich von den Türken erobert, die die Stadt zum Sitz des Pascha machten.

Die Festung Gramvoussa fiel erst 1692 bei einem Versuch der Rückeroberung von Chania und die Festungsinsel Souda konnte sich noch bis 1715 halten. Die grausame türkische Herrschaft, die durch Gewalttaten, Hinrichtungen und Ausbeutung geprägt war, dauerte auf Kreta bis 1898.

    

Zeichnung der türkischen Belagerung von Chania 1645 aus der Ausgabe des Merian Theatri Europaei von 1651

   

Danach wurde Chania Hauptstadt des autonomen Kreta und blieb auch nach der Vereinigung mit Griechenland bis 1971 Sitz der Administration.
Im Zweiten Weltkrieg war Chania wieder schwer umkämpft und die Altstadt wurde durch deutsche Bomber leider auch stark zerstört. Im
Marinemuseum (Nautiko Mouseio) am Hafen und beim deutschen Soldatenfriedhof in Maleme zeugen Ausstellungstücke aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs.

 

Chania hat somit viele Invasionen gesehen und ausgestanden, und dabei viele Zivilisationen erlebt, die ihre Spuren in Form von Gebäudefassaden, Festungsmauern, Burgen, Kirchen und Klöstern hinterlassen haben. In den Stadtteilen innerhalb der alten Stadtmauern ist die venezianische Vornehmheit erhalten geblieben. Enge gepflasterte Strassen, umrahmt von geschmackvoll renovierten Gebäuden aus verschiedenen Epochen bieten sich heute für einen angenehmen Spaziergang an.

Die romantische Altstadt (Palia Poli) mit ihren verwinkelten Gassen des Stadtviertels Topanas, in denen sich sehr schöne Geschäfte mit kretischer Handwerkskunst und viele gemütliche Tavernen befinden, ist direkt am malerischen Hafen (Limani) mit seinen zahlreichen Cafés und Restaurants gelegen.

 

Von dort bietet sich ein wunderschöner Blick auf das Wahrzeichen der Stadt Chania, den Leuchtturm (Faros).  Dieser wurde von den Ägyptern um 1830 auf den Fundamenten des alten Leuchtturms an der venezianischen Hafenmole aus dem Jahr 1515 erbaut und diente zusammen mit der gegenüber liegenden Festung (Firkas), die ein Teil der im 16. Jahrhundert von den Venezianern neu erbauten Festungsanlage ist, dem Schutz der Hafeneinfahrt.

  Der Venezianische Hafen von Chania 1912

    

Ebenso markant ist auch die Kuchuk-Hassan-Moschee (Tsami ) aus der türkischen Besatzungszeit, deren Minarett 1920 abgerissen wurde, ansonsten aber mit ihrem Kuppeldach bis heute noch unversehrt an derselben Stelle im Hafen steht und nach einer Renovierung seit 1998 unter anderem immer wechselnde Kunst-Ausstellungen beherbergt.

Auch die grossen Arsenale (Neoria), die von den Venezianern im 16. Jahrhundert als Werften zur Aufbewahrung und Instandhaltung von Schiffen gebaut wurden, werden seit den letzten Jahren auch immer sehr gerne für Ausstellungen und Vernissagen verwendet. Sie befinden sich westlich des venezianischen Hafens entlang der Promenade hinter dem heutigen Yacht-Hafen.

Dort ist heute auch der Fischerhafen, in dem die kleinen Fischerboote vor Anker liegen und bei ihrer Rückkehr von See auch teilweise die dortigen Fischtavernen täglich mit fangfrischen Meeresspezialitäten beliefern.

 

Diese kann man neben Fleisch- und Milchprodukten und frischem Obst und Gemüse auch in der kreuzförmig angelegten Markthalle (Agora), einem weiteren Wahrzeichen, im Zentrum der Stadt kaufen. Sie wurde nach Abriss der Porta-Retimiota, des ehemaligen venezianischen Stadttores, 1912 im klassizistischen Stil auf Teilen des Stadtgrabens und der alten Piatta-Forma-Bastion der Stadtmauer erbaut, mit ihren Proportionen vergleichbar nur mit der Markthalle in Marseille ist sie dank ihrer Architektur fast einzigartig im Mittelmeerraum. In den 76 Geschäften findet man auch eine grosse Auswahl an duftenden Gewürzen, erlesenen Weinen, gesundem Olivenöl, schmackhaftem Honig und andere typische kretische Produkte und Souvenirs.

 Chania von Osten her um 1703  .

  

Die moderne Stadt Chania bietet eine hervorragende Infrastruktur mit zahlreichen Supermärkten, Boutiquen, Fachgeschäften und Handwerksbetrieben jeglicher Art. Viele Juweliere und Souvenirgeschäfte gibt es auf der Chalidon-Strasse, die vom Platia 1866-Platz mit seiner zwischen den Hauptstrassen Kydonias und Chatzimichali Giannari / Skalidi angelegten Parkanlage, den Bushaltestellen und Taxi-Ständen, hinunter zum Hafen führt. Sie endet am Platia Venizelou, der von gemütlichen Cafés gesäumt wird und seit 2004 an gleicher Stelle des alten venezianischen Brunnens (Santrivani), der heute im Park des Platia 1866 steht, auch wieder einen schönen Marmorbrunnen hat. 

 

Die Chalidon-Strasse verläuft vorbei an der wegen seiner vielen Lederhandwerksgeschäfte genannten "Ledergasse" (Skridlof) und dem Patr.Athinagora-Platz mit der grossen dreischiffigen Trimartyri-Kathedrale aus venezianischer Zeit, die unter türkischer Herrschaft in eine Seifenfabrik umgewandelt wurde. Der Überlieferung zufolge soll es dort damals eine Tempelgang-Ikone aus  der früheren Kirche gegeben haben und dank der Gutmütigkeit des Besitzers Mustafa Pascha Naili habe man auch die Kerze nicht ausgehen lassen. Zum Dank, weil der Sohn des Seifenherstellers aus einem Brunnen, in den er gefallen war, gerettet wurde, schenkte Mustafa der christlichen Gemeinde nicht nur die Seifenfabrik, sondern auch einen bedeutenden Geldbetrag für den Wiederaufbau der Kirche, der 1860 abgeschlossen wurde. Der russische Zar Nikolaos spendete bei der Renovation 1897 die Kirchenglocke für den grossen Glockenturm in der Nordwestecke der heutigen orthodoxen Bischofskathedrale von Chania (Mitropoli).

 

In der Nähe des Stadtzentrums (Kentro), gegenüber den Sportanlagen mit dem Stadion (Stadio ), befindet sich neben dem "Park für Frieden und Freundschaft der Völker" der öffentliche Garten der Stadt (Dimotiko Parko) an der Tsanakaki-Strasse, der mit seiner Turmuhr (Roloi) und den verschiedenen mediterranen Pflanzen- und Baumarten und einem kleinen Zoo mit Tieren aus der Fauna Kretas einer der schönsten Parks auf Kreta ist.

    

Während der Zeit der kretischen Unabhängigkeit (18. Juli 1898 bis 14. Februar 1913) veränderte sich die Stadt Chania sowohl flächenmässig als auch in Bezug auf ihr Erscheinungsbild. Es entstanden Vororte, zu denen auch Chalepa gehörte, ein Stadtteil, in dem heute noch das Wohnhaus von Eleftherios Venizelos steht und der seit je her ein aristokratisches Wohnviertel mit grossartigen klassizistischen Häusern inmitten parkähnlicher Gärten war, in denen auch die Botschaften fremder Staaten beherbergt wurden.

Gleichzeitig wurden an den meisten Gebäuden in der Stadt die von den Türken zusätzlich an den Fassaden der venezianischen Häuser angebrachte Holzerker entfernt, einige sind jedoch heute noch in der Altstadt zu sehen.

Das ehemalige türkische Wohnviertel Koum Kapi östlich des Hafens in Richtung Chalepa wurde in den letzten Jahren an der dortigen Promenade durch unzählige moderne Cafés, Bistros und Restaurants aufgewertet, die besonders auch in den Abendstunden einen schönen Blick auf das Meer und die Bastion Sabbionara an der östlichen Stadtmauer bieten.

Ebenfalls im Aufschwung ist der alte "neue" Stadtteil Nea Chora im Westen der Altstadt, der direkt an den grossen Graben der westlichen Stadtmauer zwischen der Schiavo-Bastion (Lando) und der San Salvatore-Bastion grenzt. Eine schöne Allee führt von dort am Meer entlang, vorbei am olympischen Schwimmstadion zum kleinen Hafen (Limanaki) und dem Sandstrand von Nea Chora, an dessen Strandpromenade viele kleine Hotels, Restaurants und Fisch-Tavernen liegen.

 

Am 31. August 2006 wurde mit einem spektakulären Hafenfest die Fertigstellung der Renovierung des Leuchtturms (Faros) gefeiert. Neben vielen prominenten Gästen, die der Bürgermeister der Stadt und die Direktorin des Historischen Archivs eingeladen hatten, kam auch die griechische Aussenministerin Dora Bakogiannis nach Chania und hielt an diesem Abend eine Rede zu Ehren des Wahrzeichens der Stadt. Mit einem gigantischen Feuerwerk wurde die abendliche Beleuchtung der historischen Hafenmole eingeweiht.

 

    

Stadtzentrum von Chania   .

 

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